Germanistik - Liteaturwissenschaft - Glossar - Lauer-Liste (Public Domain).pdf

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Glossar
Grundlagenwissen NDL
Das folgende Glossar ist aus mehreren Einführungskursen in die Neuere Deutsche
Literaturwissenschaft hervorgegangen. Dort hat es im Anhang des Seminar-Readers der
raschen Orientierung im Seminar, aber auch für die Vor- und Nachbereitung gedient. Daher
seine Gliederung entsprechend der Seminarsitzungen. Seine Begriffe sind einer Liste
entnommen, auf die sich die Dozentinnen und Dozenten des Instituts für Deutsche Philologie
an der Universität München verständigt haben. Diese Liste ist als Orientierungswissen für das
Grundstudium der Neueren deutschen Literaturwissenschaft konzipiert worden. Veröffentlicht
ist sie in den "Informationen des Instituts für Deutsche Philologie" (Nr. 30, 1995). Das
Glossar wollte und sollte nicht die Arbeit mit Nachschlagewerken ersetzen.
In Kopien hat es sich als "Lauer-Liste" dennoch verselbständigt. Die Online-Veröffentlichung
trägt dem Rechnung. Damit das Glossar aber nicht zum bloßen Schulstoff für das
Auswendiglernen verkommt, stelle ich dem Glossar eine Handbibliothek voran. Sie soll Ihnen
helfen, sich selbst eine Bibliothek aufzubauen, die solche Listen, wie diese, überflüssig macht.
Ich danke meinen Studentinnen und Studenten ganz herzlich für ihre Anregungen und ihre
Kritik, der sich dieses Glossar verdankt. Ich bitte alle, die nun damit arbeiten und lernen, mich
auf Fehler aufmerksam zu machen und Ergänzungen oder Änderungen vorzuschlagen.
Schreiben Sie mir eine E-Mail ( Gerhard.Lauer@lrz.uni-muenchen.de) .
Im April 2001
Gerhard Lauer
www.gerhardlauer.de
S I: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft Universität München
Gerhard Lauer Wissenschaftliche Arbeitstechniken
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H ANDBIBLIOTHEK
Werke:
Die deutsche Literatur von Lessing bis Kafka. Studienbibliothek, hg. von Mathias Bertram,
[CD-ROM] Berlin: Directmedia Publishing 1997 (Digitale Bibliothek Bd. 1).
Deutsche Lyrik von Luther bis Rilke, Hg. von Mathias Bertram, [CD-ROM] Berlin:
Directmedia Publishing 2001 (Digitale Bibliothek 55).
Einführung:
Heinz Ludwig Arnold/Heinrich Detering (Hg.), Grundzüge der Literaturwissenschaft,
München: dtv 1996. - und/oder -
Thomas Eicher/Volker Wiemann (Hg.), Arbeitsbuch: Literaturwissenschaft, Paderborn: UTB
1996.
Arbeitstechniken und Bücherkunden:
Hansjürgen Blinn, Informationshandbuch Deutsche Literaturwissenschaft, neueste Aufl.,
Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch 1994 und öfters.
Paul Raabe, Einführung in die Bücherkunde zur deutschen Literaturwissenschaft, neueste
Aufl., Stuttgart: Sammlung Metzler 1984 und öfters.
Umberto Eco, Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt, Heidelberg: UTB
1992 (ital. 1977) und öfters.
Begriffslexika:
Metzler-Literatur-Lexikon. Stichwörter zur Weltliteratur, hg. von Günther und Irmgard
Schweikle, Stuttgart: Metzler 2 1990.
Dieter Borchmeyer/Viktor Zmegac (Hg.), Moderne Literatur in Grundbegriffen,
Frankfurt/M. 2 1994.
Jeremy Hawthorn, Grundbegriffe moderner Literaturtheorie. Ein Handbuch, Tübingen: UTB
1994.
Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe, hg. von
Ansgar Nünning, Stuttgart – Weimar: Metzler 1998 und öfters.
Autorenlexika:
Metzler-Autoren-Lexikon. Deutschsprachige Dichter und Schriftsteller vom Mittelalter bis
zur Gegenwart, Stuttgart: Metzler 1986 und öfters.
Deutsche Dichter. Leben und Werk deutschsprachiger Autoren, 8 Bände, Stuttgart: Reclam
1989.
Einführungen in die Textanalysen:
Heinrich F. Plett, Einführung in die rhetorische Textanalyse, Hamburg 8 1991.
Matias Martinez/Michael Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie, München 1999.
Christian Wagenknecht, Deutsche Metrik. Eine historische Einführung, München 1981.
Bernhard Asmuth, Einführung in die Dramenanalyse, Stuttgart 3 1990.
Literaturgeschichte:
Viktor Zmegac (Hg.), Geschichte der deutschen Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur
Gegenwart, 4 Bände, Königstein/Ts.: Athenäum 1979ff. (auf CD-ROM: Digitale
Bibliothek Bd. 24, München 1999)
S I: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft Universität München
Gerhard Lauer Glossar
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G LOSSAR (E INFÜHRUNG )
(Die für die Zwischenprüfung zentralen Begriffe sind kursiv hervorgehoben)
Argumentation - In Sprache gefaßte Strategie zur Begründung und Plausibilisierung wissenschaftlicher Thesen.
Begriff - Wort oder Wendung, die in einem historisch und systematisch abgegrenzten Sinn gebraucht werden und
daher meist eine Begriffsgeschichte haben.
c.t/s.t - cum tempore/sine tempore, lat. Abkürzung für Veranstaltungsbeginn mit/ohne akademisches Viertel.
Falsifikation - Widerlegung einer wissenschaftlichen Aussage durch ein Gegenbeispiel.
Hypothesenbildung - Aufstellung von plausiblen und im weiteren Verlauf der Untersuchung begründbaren
Vermutungen.
Immunisierung - Wissenschaftstheoretischer Begriff für Theorien und Methoden, die sich gegenüber einer
Überprüfung abschotten.
Institution - Im weiteren Sinne regelhafte Verfestigung menschlichen Handelns, die es verbindlich erwartbar und
berechenbar machen. Institutionen sind mit konkreten Handlungsnormen und Rollenerwartungen verknüpft,
die von all denjenigen erfüllt werden müssen, die an den jeweiligen Formen der Interaktion und
Kommunikation teilnehmen möchten (z.B. Autor, Kritiker Verleger, Leser usw.). Literatursoziologisch
relevante Institutionen sind diejenigen Einrichtungen (oft rechtlich verfaßte Körperschaften), die die
Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur regeln.
Kanon - 1. Ein Korpus von Werken, die in einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe für eine bestimmte Zeit
als allgemeingültig und verbindlich gelten oder gelten sollen (materialer Kanon). 2. Ein Korpus von
Interpretationen, in dem festgelegt wird, welche Bedeutungen und Wertvorstellungen mit den kanonisierten
Texten verbunden werden (Deutungskanon). Kanones erfüllen die Funktionen der Identitätsstiftung,
Legitimation und Handlungsorientierung.
Literaturgeschichte - Die im 19. Jahrhundert durch den Historismus entstandene Form der Anordnung von
Autoren und ihren Texten nach historiographischen Mustern (Nationalgeschichte, Sozialgeschichte,
Ideengeschichte usw.). Löst die annalistische und additive Litterärgeschichte früherer Zeiten ab.
Literaturkritik - Vornehmlich wertende Beurteilung vor allem der Gegenwartsliteratur in Zeitungen u.ä., oft mit
dem Anspruch der Vermittlung zwischen Autor und Publikum.
Literaturtheorie - Die explizite Thematisierung von Grundlagenproblemen der Literaturwissenschaft und
Entwicklung begrifflicher und methodischer Verfahren zu ihrer Lösung.
Literaturwissenschaft - Gesamtheit der philologischen, methodischen und literaturtheoretischen Institutionen.
Mediengeschichte - Literaturhistorisches Beschreibungsverfahren, das den Wandel der Medien und ihres
Einsatzes untersucht (Buch- und Buchhandelsgeschichte, Bibliotheksgeschichte, historische Leserforschung,
neue Medien usw.)
Methode - Auf einem Regelsystem aufbauendes Verfahren zur Erlangung wissenschaftlicher Ergebnisse.
N.N. - Lat. Abkürzung für Nomen nescio/nomen nominandum, d.h. der Name ist erst noch zu bestimmen.
Objektsprache/Metasprache - Sprache, die in einem zu untersuchenden Text verwendet wird im Unterschied zu
der Sprache, mit der diese Untersuchung durchgeführt wird.
Philologie - [griech. „philos“: „Freund“, „logos“: „Wort, Rede, Buch“] Bezeichnung für die Gesamtheit der
theoriegeleiteten Erschließung (durch Textkritik, Edition und Kommentar) und der poetologischen und
historischen Reflexion (durch Exegese, Interpretation, Textanalyse) sprachlicher (zumeist literarischer)
Dokumente: Philologie ist diejenige Wissenschaft, die sich um Sicherung, Verständnis und Vermittlung
literarischer Texte und deren geistiger, kultureller und sozialer Zusammenhänge bemüht.
septem artes liberales [lat. sieben freie Künste, d.h. eines freien Mannes würdige Künste] - I. Trivium:
Grammatik, Rhetorik, Dialektik, II. Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie.
Systematik - Planmäßige Darstellung und Gliederung eines Forschungsfeldes, besonders in den
Naturwissenschaften (z.B. Biologie); zugleich Bezeichnung für eine von der jeweiligen Disziplin
eingeforderte Arbeitsweise.
universitas magistrorum et studiorum - Lat. Gesamtheit/genossenschaftlicher Zusammenschluß der Lehrenden
und Lernenden.
Verifikation - Wissenschaftstheoretischer Begriff für die Bestätigung einer wissenschaftlichen Aussage durch ein
Beispiel.
Wertung - Zuschreibung von positiven oder negativen Eigenschaften, die allerdings oft nicht explizit
literaturwissenschaftliches Arbeiten bestimmen.
S I: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft Universität München
Gerhard Lauer Glossar
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G LOSSAR (O RDNUNGEN DER L ITERATURWISSENSCHAFT )
Anspielung - Allgemein für einen angedeuteten Hinweis auf Titel, Formulierungen, Figuren, Situationen usw.
aus einem als bekannt vorausgesetzten Text.
arbiträr/motiviert - Strukturalistische Unterscheidung für zufällige Relation von Signifikant und Signifikat
beziehungsweise begründete Relation.
Autor - Literaturwissenschaftliche Bezeichnung für die empirisch-historische Person des Textproduzenten im
juristischen Sinne des Urhebers eines Textes im Unterschied zur textexternen Handlungsrolle und der text-
internen Figur des Erzählers oder lyrischen Ichs. Traditionell wird der Autor als intentionales Subjekt
verstanden, das einen bestimmten Sinn in seinen Text hineinlegt.
Bedeutung - Bezeichnung für die im Schreiben und beim Lesen vollzogene Aufladung von Zeichen und
Zeichenverknüpfungen mit Sinnzuschreibungen durch angeborene und kulturelle erlernte emotive und
kognitive Prozesse.
Buch - Abgeleitete Bezeichnung aus den Buchenholztafeln, in die Runen geritzt wurden, für das seit der Antike
bekannte Medium der Schriftaufzeichnung auf Holz, Ton, Wachs, Leder oder Papier, den Kodex. Es
ermöglicht im Unterschied zur Schriftrolle den Textvergleich durch Seitenvergleich. Überschriften,
Autorenname, Gattungszuweisung, Verlag, Seitenzählung und Kapiteleinteilung usw. sind erst seit dem
Spätmittelalter und dann verstärkt durch den Buchdruck gebräuchlich werdende Gliederungen des Textes.
Darstellung/Appell/Ausdruck - Begriffstrias aus Karl Bühlers Buch „Sprachtheorie“ von 1934 für die drei
Grundfunktionen eines Zeichens, nämlich die Darstellung von Gegenständen und Sachverhalten, der Appell
an den Empfänger und der Ausdruck von seiten des Senders.
Denotat/Konotat - Linguistische Unterscheidung für die wörtliche Bedeutung eines Zeichens gegenüber der
übertragenen Bedeutung eines Zeichens (z.B. Ironie, Anspielung usw.)
Diskurs - Allgemein für „Unterredung“, „Vortrag“ oder „Abhandlung“ bezeichnet in der Literaturwissenschaft
vor allem die historische Gesamtheit effektiv geschehener Aussagen und der Praktiken innerhalb eines
historisch umgrenzten Rahmens, denen eine spezifische Regelhaftigkeit immanent ist.
Distribution - Im Unterschied zur Seite der Textproduktion und der Textrezeption Bezeichnung für das Feld des
Textvertriebs durch Verlag, Buchhandel, Werbung usw.
Epoche - Seit dem 18. Jahrhundert genutzter Terminus zur historischen Klassifikation literarischer Texte nach
Zeiträumen.
Form/Inhalt - Dichotomie, die die Annahme bezeichnet, derzufolge Form und Inhalt eines Textes zu trennen
seien, so daß auch bei einem Formwechsel wie etwa einer Übersetzung der Inhalt als invariante Bedeutung
erhalten bliebe.
Gattung - Bezeichnung zur Klassifikation von Textgruppen (vor allem nach der klassischen Trias von Lyrik,
Epik und Dramatik); wird heute auch durch den neutraleren Begriff der Textsorten ersetzt.
Gebrauchsliteratur - Bezeichnung für Literatur, die für einen genau umrissenen Situationskontext geschrieben
wurde (z.B. Flugblätter, Agitprop-Literatur usw.).
Genre - Bezeichnung häufig im Sinne von „Untergattung“ (etwa für „Novelle“ oder „Roman“ als Untergattung
der Epik) oder auch für narrative Schemata, die mit bestimmten Stoffbereichen verknüpft sind (z.B.
„Western“, „Thriller“).
Kommunikation - Zwischenmenschliche Informationsvermittlung mit Hilfe sprachlich oder außersprachlich
kodierter Botschaften.
kulturelles Wissen - das historisch variable und kulturabhängige Wissen, das in jedem Sinnbildungsprozeß (z.B.
Interpretation) mit eingeht und ihn erst ermöglicht.
langue/parole - Strukturalistische Bezeichnung für Sprache als abstraktes Zeichensystem gegenüber Sprache als
konkreter Sprachrealisierung.
Lesen/Textverstehen - Bezeichnung für den emotiv-kognitiven Prozeß bei der Textrezeption.
Leser - Bezeichnung für die textrezipierende, empirisch-historisch beobachtbare Person oder textinterne,
fingierte Figur. Der intendierte Leser ist der von einem Autor vorgesehene Leser seines Texte, der ideale
Leser derjenige, der alle in einem Text angelegten Bedeutungsangebote realisiert.
Literarisches Leben - Allgemein für die Gesamtheit aller Handlungen und Äußerungen der Literaturproduktion, -
distribution und -rezeption.
Literaturmarkt - Allgemein für die seit dem 18. Jahrhundert an die Stelle des Tauschhandels und des
Mäzenatentums getretene Form des Literaturdistribution.
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